Grünhorn: Cannabis Legalisierung und Onlinehandel

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Statement der Grünhorn Apotheke zum Positionspapier zur Legalisierung mit dem Schwerpunkt Onlinehandel.

Für eine zukunftsfähige und sichere Abgabe von Cannabis in Deutschland!

Mit der Veröffentlichung des Eckpunktepapiers und der Pressekonferenz des Bundesgesundheitsministers Prof. Dr. Karl Lauterbach am 26.10.2022 bekräftigt die Bundesregierung Ihren Plan, die im Koalitionspapier beschriebene umfassende Cannabis-Legalisierung in Deutschland in die Tat umzusetzen. Es spricht für die Handlungsfähigkeit der regierenden politischen Parteien, dass sie in der Realisierung dieses komplexen Vorhabens nun einen großen Schritt nach vorne gemacht haben. Dies ist ausgesprochen begrüßenswert, birgt der vorgezeichnete Weg doch einen echten Game Changing Moment.

Zu den zahlreichen Vorteilen einer Legalisierung zählen vor allem das Austrocknen des Schwarzmarktes mitsamt seinen kriminellen Strukturen und der Entlastung für Justiz und Polizei. Weiter kann nun ein effektiver Jugendschutz gewährleistet werden und damit ein im wahrlichen Sinne erwachsener Umgang mit einem Produkt, dessen aktuelle Anwender:innen in allen Alters- und Gesellschaftsschichten zu finden sind. Zum Jugendschutz gehört neben der sicheren Abgabe auch die Einschränkung von werblichen Möglichkeiten. Ein durchdachtes Supply-Konzept ist von zentraler Wichtigkeit, um einen kontrollierten und belastbaren Prozess from seed to sale zu ermöglichen. Als Resultat muss hierbei die Schaffung einer konstant guten, bundesweiten Produktqualität stehen, welche klaren Kriterien gehorcht. Diese müssen nachvollziehbar, transparent und kontrollierbar sein.

Dieses Paper nimmt den Aspekt der zukünftigen Vertriebsstruktur eines legalisierten Markts als Fokus. Nicht die Frage nach lizenzierten Fachgeschäften vs. Apotheken ist hierbei entscheidend, sondern die Schaffung von digitalen und in allen Regionen zugänglichen Shops. Auf den folgenden Seiten werden wir darlegen, warum aus unserer Sicht die beiden zentralen Ziele Austrocknung des Schwarzmarktes und Jugendschutz (und von den beiden Aspekten abgeleitet ein Gesundheitsschutz für die Konsument:innen) nur unter Berücksichtigung des Versandhandels erreichbar sein werden.

 

Austrocknung des Schwarzmarkts

Ein erklärtes Ziel der Legalisierung ist das zeitnahe Unterbinden des illegalen Handels mit Cannabis. Eine wichtige Einnahmequelle krimineller und mafiöser Strukturen würde so versiegen. Durch die Zugabe von synthetischen Cannabinoiden, Streckmitteln und allgemeiner Verunreinigung bestehen erhebliche gesundheitliche Risiken für aktuelle Konsument:innen, welche durch eine Überführung in den legalen Markt ausgeschlossen werden könnte. Des Weiteren mangelt es auf dem Schwarzmarkt offensichtlich an Jugendschutz und fachkundiger Beratung. Gleichzeitig lohnt ein Blick auf den Schwarzmarkt aus ökonomischer Perspektive, denn das Modell, welches wir in Deutschland schaffen, muss diesem in den wesentlichen Aspekten überlegen sein.

Was sind also die wesentlichen Faktoren für den Erfolg des Schwarzmarkts?

  • Einfacher Zugang
  • Produktauswahl – und verfügbarkeit
  • Geringes Preisniveau

Einfacher Zugang

Der Schwarzmarkt ist in Deutschland flächendeckend in städtischen und ländlichen Regionen verbreitet. Ob der großen Nachfrage, der potentiell langen Haltbarkeit der Blüte und den unauffälligen Transport- und Lagermöglichkeiten ist Cannabis überall verfügbar. Neben zahlreichen klassischen Händlern entweder aus dem erweiterten Bekanntenkreis oder an Drogenschwerpunkten, hat sich mittlerweile ein schwunghafter Onlinehandel aufgetan, was Dokumentationen wie „Shiny Flakes“ eindringlich belegen. Auf derartigen illegalen Handelsplattformen wird Cannabis unter Angabe der Kultivare mit teilweise sehr hohen THCGehalten angeboten. Diese Produkte werden dann ohne Kontrolle des Alters der Konsument:innen per Post versendet. In größeren Städten wird Cannabis über Messenger- Dienste gedealt und per Kurier in kurzer Zeit an gewünschte Orte geschickt. Konservative Schätzungen gehen aktuell von einem Volumen des Schwarzmarkts von >400t und ca. vier Millionen Konsument:innen aus. Trotz vielfältiger Bemühungen von Polizei und Justiz ist es über Jahrzehnte nicht gelungen, dem Schwarzmarkt Einhalt zu gebieten. Wer in Deutschland Cannabis bekommen möchte, bekommt es also – unabhängig von Wohnort, Alter oder Nationalität.

Produktauswahl und -verfügbarkeit

Der Schwarzmarkt bietet unbegrenzte Verfügbarkeit. Wenn Käufer:innen ein Produkt erwerben wollen, bekommen sie es. Qua mangelnder Anbaubestimmungen und Qualitätskontrollen existiert nahezu unendlicher Supply. Ausverkaufte Geschäfte mit langen Schlangen gibt es auf dem Schwarzmarkt nicht. Gleichzeitig besteht insbesondere in den illegalen Online-Diensten eine stattliche Auswahl. Auf dem Schwarzmarkt werden Produkte in unterschiedlichen THC-Kategorien verkauft als auch besonders nachgefragte Blüten. Eine Legalisierung ohne ein breites und dauerhaft verfügbares Produktsortiment ist nicht denkbar.

Geringes Preisniveau

Der unkontrollierte Anbau ohne Qualitätsstandards ist ausgesprochen günstig, es ergeben sich lukrative Margen. Der bekannte Kurs von 10 Euro/ Gramm ist daher (nach unten) auf dem Schwarzmarkt auch nicht das letzte Wort. Zwar sollte dieser nicht das alleinige Kriterium für zukünftige Konsumenten sein. Im Rahmen der Legalisierung muss durch öffentlich wirksame Aufklärung der nötigen Qualitätsstandards von Cannabis ein verantwortungsvoller Konsum und ein gesundheitsbewusstes Kaufverhalten der Konsumenten gefördert werden. Eine ungefähre Vergleichbarkeit muss jedoch gewährleistet bleiben, da preisbewusste Konsument:innen ansonsten weiter auf die Schwarzmarktalternative zurückgreifen würden.

 

Wie würde ein Versandhandel als wesentlicher Teil der Legalisierung hier abschneiden?

Als Apotheke mit einem stationären Geschäft in Leipzig und dem bundesweiten Versandhandel führen wir schon heute über 100 verschiedene Kultivare in Blütenform sowie diverse Extrakte, Kapseln und andere alternative Darreichungsformen aus medizinischem Cannabis. Diese bieten ein breites Spektrum an THC- und CBD-Gehalten. Aufgrund einer großen, mehrfach gesicherten Lagerfläche und der Geschäftsbeziehung mit zahlreichen Cannabis-Großhändlern sind diese Kultivare bei uns dauerhaft auf Lager und für die Patient:innen verfügbar. Dies bedingt eine entsprechende Logistik, Sicherheitsauflagen und Prüfungskapazitäten. Die Ware muss auf Wirkstoffgehalte, Verunreinigungen und Pestizide geprüft werden, fachgerecht, tresorgesichert und temperaturgeführt gelagert und zügig und eindeutig zum Patienten verbracht werden. Dies wird im Versandhandel durch fachkundiges Personal, eine spezialisierte Lagerlogistik und einen hohen Grad an Automatisierung schon heute sichergestellt. In einzelnen lizenzierten Fachgeschäften ist die Schaffung solcher logistischen Voraussetzungen nur äußerst schwierig zu erreichen.

Ein Projekt in dieser Größenordnung ohne digitale Antwort zu planen und umzusetzen, würde komplett konträr zum Ziel einer Austrocknung des Schwarzmarkts stehen. Der erste Schritt vieler potentieller Kund:innen für Kaufentscheidungen erfolgt zudem zuerst am Handy oder Notebook. Der Online-Handel gehört mittlerweile zum etablierten Standard in Deutschland, er macht 15% des Einzelhandels aus. Im Online-Bereich müssen daher neben fachlich korrekten Informationen auch konkrete Bestell-/ Versandwege ermöglicht werden. Heute bestehende Online-Angebote des Schwarzmarkts würden andernfalls an Wucht nur noch weiter zunehmen.

Durch den zunehmenden demografischen Wandel, fehlende Ärzt:innen und den Rückgang von Apotheken in ländlichen Regionen ist der Zugang zu medizinischem Cannabis für viele Patient:innen Deutschlands schon heute erschwert. Während sich Store-Konzepte um größere Städte reißen würden, würden Orte mit weniger Einwohnern weiterhin keinen legalen Zugang zu Cannabisprodukten haben. Viele stationäre Apotheken sind dem Verkauf von Cannabis skeptisch gegenüber eingestellt. Schon jetzt stellen auf Cannabis spezialisierte Apotheken per DHL bzw. Kurierservice innerhalb von 24h flächendeckend innerhalb Deutschlands zu und bedienen so zuverlässig die Nachfrage der Patient:innen. Sehr viele unser Patient:innen sind im ländlichen Raum beheimatet. Bei Nicht-Berücksichtigung des Versandhandels würde der illegale Handel im ländlichen Raum also in jedem Fall weiter bestehen bleiben.

Durch den Aufbau von Vertriebs- und Kompetenzzentren, von wo einzelne Geschäfte als auch Endkunden zügig und sicher beliefert werden könnten, würde man diesem Missstand effektiv entgegentreten. Durch intelligente logistische Konzepte kann hier eine dauerhafte Produktverfügbarkeit für die Kund:innen sichergestellt werden. Wir benötigen in Deutschland ein starkes Vertriebsnetz im Multi-Channel-Format. Offline und Online ergeben kein Gegeneinander, sondern ergänzen sich in ihren Stärken und Schwächen.

Da ein spezialisierter Händler mit Versandmöglichkeit zentral einkaufen und sicher lagern kann, ergeben sich zudem Möglichkeiten zur Kostensenkung, wodurch geprüfte Qualität zu einem mit dem Schwarzmarkt wettbewerbsfähigen Preis angeboten werden kann. Generell muss sich der legale Handel mit Cannabis für eintretende Marktteilnehmer:innen wirtschaftlich rechnen, sodass Investitionen in Qualität, Beratung und eine angemessene Infrastruktur auch umfänglich vorgenommen werden können.

 

Jugendschutz

Einer der größten Vorteile einer Legalisierung von Cannabis wäre die Möglichkeit zur Schaffung eines effektiven Jugendschutzes. Regelmäßiger Konsum von Cannabis birgt für Heranwachsende potentiell gesundheitliche Schäden. Hier wären sowohl bei stationären Konzepten über Ausweiskontrollen als auch im Online-Bereich ausgesprochen geeignete Möglichkeiten gegeben, sicherzustellen, dass eine Abgabe nur an befugte erwachsene Personen erfolgt. Seit Jahren versenden wir als Apotheke per Ident-Check über unsere Versanddienstleister. Dabei müssen sich die Besteller:innen den Zusteller:innen gegenüber verbindlich mit einem gültigen Ausweisdokument ausweisen. Ist ein Ausweis bspw. abgelaufen oder findet sich eine Abweichung im Namen, wird das Produkt nicht zugestellt und wieder zurückgesendet. Eine effektive Alterskontrolle wird an dieser Stelle gewährleistet. Jede einzelne Bestellung kann zudem behördlich dokumentiert und somit retrospektiv nachvollzogen werden!

Schon heute bewegen sich die spezialisierten Cannabisapotheken im Rahmen des strengen Heilmittelwerbegesetzes. Wir sind vertraut im Umgang mit einer strengen Regulierung und führen keine Bewerbung der Produkte durch. Auch nach einer Legalisierung sind diverse Zutrittsbarrieren und geschützte Nutzerbereiche via Ausweischeck (bspw. über die AusweisApp2 oder das Postident-Verfahren) umsetzbar. Die Notwendigkeit einer separaten Anmeldung in einem stationären Shop würde damit entfallen. Es lässt sich online sicherstellen, dass nur zutrittsberechtigte Kund:innen überhaupt in den Auswahl/- Ansichtsprozess von Cannabisprodukten kommen. Auch eine mehrstufige Beschränkung von Ansichts- und Auswahlrechten für verschiedene Altersgruppen ist online leicht umsetzbar. Auf der Startseite eines Webshops könnten zudem Inhalte ausgespielt werden, die stärker präventionsbezogen sind und allgemeine Gesundheitsthemen aufgreifen.

Generell muss man feststellen, dass schon heute Inhalte mit Cannabisbezug über die Sozialen Medien und Messenger-Dienste geteilt werden. Dies geschieht vollkommen unabhängig davon, ob man den zukünftigen legalen Handel stationär oder online organisiert. Der Online Bezug zum Cannabismarkt ist damit bereits gegeben. Die Legalisierung sollte daher auch die Bewerbung in diesen sozialen Medien mit betrachten und regulieren.

Ein großer Vorteil von Cannabis-erfahrenen Online-Apotheken liegt in der Kompetenzbildung und qualifizierten Beratung. Anders als in anderen Wirtschaftszweigen gibt es für einen Cannabisverkäufer keine Ausbildung und kein Studium. Als Spezialist:innen in dem Bereich beschäftigen wir schon heute Dutzende Pharmazeut:innen und Chemiker:innen, die sich exzellent mit der Qualität der Produkte, der Produktbeschaffenheit, mit Wechselwirkungen zu anderen Arzneimittel und der Entwicklung von geeigneten Darreichungsformen auskennen. Diese Mitarbeiter:innen erweitern ihr Wissen tagtäglich, belegen zahlreiche Fortbildungen und stellen dieses Wissen jede:r Patient:in kostenfrei per E-Mail, Telefon, auf der Webseite oder in unserer stationären Apotheke zur Verfügung. Gerade den Bereich der Information, Beratung, Fortbildung und Forschung werden wir als Apotheke weiter stark ausbauen und auch in weiteren Formaten zugänglich machen. Dieses Wissen ist ein klarer Vorteil gegenüber allen reinen Store-Konzepten, da der Grad der Qualifizierungsanforderungen unklar ist und bei vorhandenen Vorgaben eine gewisse Zeit der Ausbildung und Qualifizierung der Mitarbeiter:innen bedingt. Aus unserer Sicht muss das Wissen um das Thema Cannabis sowohl für den medizinischen als auch Freizeitmarkt dringend erweitert und der Austausch zwischen den Anwender:innen, Ärzt:innen, Pharmazeut:innen und weiteren Spezialist:innen auch politisch forciert werden. Nur basierend auf diesem vorhandenen Wissen lassen sich effektive Präventionskonzepte und Informationskampagnen entwickeln.

 

Zusammenfassung

Die Realisierung der Ziele der Legalisierung steht und fällt mit einer geeigneten Vertriebsstruktur. Schon heute besteht ein funktionierender, regulierter Markt für medizinisches Cannabis. Von diesem sollte man bei der Ausgestaltung eines legalisierten Rahmens dringend lernen. Spezialisierte Cannabis-Apotheken mit Versandoption erfüllen seit mehreren Jahren eine zentrale Rolle innerhalb der kontrollierten und sicheren Abgabe von Cannabis. Auch zukünftig müssen Abgabestellen fest definierte Qualitätskriterien erfüllen. Hierzu gehört insbesondere qualifiziertes Personal für eine fachkundige Beratung und geeignete Flächen, die eine sichere und umfängliche Lagerung ermöglichen. Zugleich müssen die Abgabestellen in die Lage versetzt werden, die aufkommende Nachfrage prozesssicher, kostengünstig und stabil bedienen zu können. Nur die Kombination der stationären Shops mit einem bundesweit zugänglichen Online-Handel wird dies überhaupt ermöglichen und damit den Schwarzmarkt unter strikter Wahrung des Jugend- und Gesundheitsschutzes effektiv zurückdrängen.

Zum Verfasser

Die Grünhorn Apotheke aus Leipzig widmet sich seit nunmehr drei Jahren dem Thema Cannabishandel. Nach einer intensiven rechtlichen und regulatorischen Vorbereitung haben wir im Mai 2020 das erste Paket verschickt. Die Wachstumskurve zeigt seitdem stetig nach oben und so konnten wir bis heute 150.000 Pakete mit vier Tonnen medizinischem Cannabis in diversen Darreichungsformen fachgerecht und sicher abgeben. Seit Tag 1 haben wir jeden einzelnen Stein in dem Prozess der Lagerung, der Herstellung und der Abgabe von cannabinoidhaltigen Rezepturarzneimitteln, welche unter das Betäubungsmittelgesetz fallen, vielfach umgedreht und im Sinne des Produkts und der Patient:innen optimiert. Wir haben bewiesen, dass selbst unter diesen sehr anspruchsvollen Bedingungen Sicherheit und Wirtschaftlichkeit kein Gegensatz sein müssen. In einer Umgebung, in der beispielsweise feste Packungsgrößen erlaubt wären – und damit das Umfüllen (Herstellungsprozess) eines jeden rezeptierten Cannabisprodukts entfiele –, könnten wir die Logistik- und Vertriebsprozesse intern noch deutlich effizienter gestalten.

Für Rückfragen zu diesem Thema bitte per E-Mail an: presse@gruenhorn.de

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Cannabis Ärzte Redaktion

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